Digi­ta­li­sie­rung stu­die­ren

Die Hoch­schu­len in Heil­bronn, Bre­men und Wis­mar zum Bei­spiel qua­li­fi­zie­ren ihre Stu­die­ren­den dafür, die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on in der Logis­tik aktiv zu gestal­ten und pra­xis­nah umzu­set­zen.

von Nico­le de Jong

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Meli­sa Sulu­de­re, Bache­lor-Stu­den­tin für „Logis­tik- und Mobi­li­täts­ma­nage­ment mit Quer­schnitts­the­ma Digi­ta­li­sie­rung“ an der Hoch­schu­le Heil­bronn, ent­deck­te ihre Lei­den­schaft für die­ses Fach­ge­biet bereits wäh­rend einer Wochen­end­tä­tig­keit bei einem Auto­mo­bil­zu­lie­fe­rer.
„Ich habe dort am Band gear­bei­tet und schnell gemerkt: Wenn die Logis­tik nicht funk­tio­niert, steht der gesam­te Betrieb still“, erzählt sie. Die­se Erkennt­nis fas­zi­nier­te sie so sehr, dass sie sich ent­schied, nicht nur Logis­tik als Schwer­punkt inner­halb eines BWL-Stu­di­ums zu wäh­len, son­dern sich direkt auf die­ses Fach­ge­biet zu spe­zia­li­sie­ren.
„The­men wie künst­li­che Intel­li­genz, daten­ge­trie­be­ne Ent­schei­dun­gen und auto­ma­ti­sier­te Logis­tik­lö­sun­gen zei­gen mir, wie stark die Digi­ta­li­sie­rung unse­re Bran­che ver­än­dert. Aber ich sehe auch, wel­che Chan­cen und Risi­ken damit ein­her­ge­hen“, sagt sie.
Im Stu­di­en­gang von Meli­sa Sulu­de­re erfah­ren Stu­die­ren­de, wel­che Bedeu­tung Digi­ta­li­sie­rung für logis­ti­sche Wert­schöp­fungs­ket­ten hat und wie sie die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on im Unter­neh­men gestal­ten kön­nen.
„Unse­re Logis­tik­stu­di­en­gän­ge bie­ten alle eine sehr pra­xis­na­he, inter­dis­zi­pli­nä­re Aus­bil­dung, die auf die Her­aus­for­de­run­gen glo­ba­ler Lie­fer­ket­ten und moder­ner Logis­tik­sys­te­me vor­be­rei­tet“, betont Mar­tin Schwem­mer, Pro­fes­sor für Inter­na­tio­na­le Ver­kehrs­be­triebs­wirt­schaft und Logis­tik. Er lehrt schwer­punkt­mä­ßig Data Dri­ven Logi­stics Busi­ness Models, die Bedeu­tung von Daten in der Logis­tik sowie Aus­wahl und Bewer­tung von Digi­ta­li­sie­rungs­lö­sun­gen in Pro­jekt­stu­di­en.
Durch die enge Zusam­men­ar­beit mit füh­ren­den Indus­trie- und Logis­tik­un­ter­neh­men knüpf­ten Stu­die­ren­de bereits wäh­rend ihres Stu­di­ums Kon­tak­te, könn­ten gelern­te Theo­rie direkt anwen­den und in die Pra­xis umset­zen. Und sie lern­ten bereits früh­zei­tig, was Digi­ta­li­sie­rung im ech­ten Unter­neh­mens­all­tag ent­lang der Ver­sor­gungs­ket­ten hei­ße, so der Pro­fes­sor. Die Kom­bi­na­ti­on aus fun­dier­ter wis­sen­schaft­li­cher Aus­bil­dung und direk­tem Pra­xis­be­zug mache die Absol­ven­ten zu gefrag­ten Fach­kräf­ten.

Digi­ta­li­sie­rung stu­die­ren geht auch neben dem Job

Der Stu­di­en­gang „Inter­na­tio­na­les Logis­tik­ma­nage­ment“ mit der Ver­tie­fung Digi­ta­li­sie­rung bie­tet eine pra­xis­na­he Aus­bil­dung, die gezielt auf die Anfor­de­run­gen der Logis­tik­bran­che ein­geht.
„Wir haben einen sehr engen Kon­takt mit Logis­tik­dienst­leis­tern und Spe­di­teu­ren, da wir berufs­be­glei­ten­de Stu­di­en­gän­ge anbie­ten und Vor­le­sun­gen pra­xis­nah gestal­ten“, betont Tho­mas Zink, Head of Stu­dy Pro­gram­me Logis­tik der SRH Uni­ver­si­ty Bre­men, einem Teil der SRH Uni­ver­si­ty mit 18 Stand­or­ten. Auch auf Wunsch der Unter­neh­men wur­de 2017/2018 das The­ma Digi­ta­li­sie­rung in das Cur­ri­cu­lum auf­ge­nom­men.
  „Damals such­ten vie­le Pro­zes­s­in­ge­nieu­re und Pro­gram­mie­rer – die­sen Weg sind wir bewusst nicht gegan­gen“, sagt er. Statt­des­sen lie­ge der Fokus auf der Schnitt­stel­le zwi­schen Logis­tik und IT. Die Stu­die­ren­den erfah­ren, wel­che Pro­zes­se digi­ta­li­siert wer­den kön­nen und wie sich digi­ta­le Tech­no­lo­gien effek­tiv ein­set­zen las­sen, um nach­hal­ti­ge, pro­fi­ta­ble Geschäfts­mo­del­le zu gestal­ten.
In pra­xis­na­hen Grup­pen­ar­bei­ten ent­wi­ckeln sie Lösun­gen für rea­le oder fik­ti­ve Unter­neh­men.
So haben sie bei­spiels­wei­se eine App für Schwer­last­ver­keh­re kon­zi­piert, die Rou­ten opti­miert und Geneh­mi­gungs­pro­zes­se ver­ein­facht. Eine wei­te­re Pro­jekt­ar­beit beschäf­tig­te sich mit der Pro­gno­se der Ersatz­teil­ver­sor­gung für Schif­fe und der Fra­ge, wie sich vor­han­de­ne Daten nut­zen las­sen, um ein Ersatz­teil dort­hin zu sen­den, wo es noch gar nicht ange­for­dert wur­de.
„Nach Feed­back unse­rer Stu­die­ren­den haben wir zum Som­mer­se­mes­ter die­ses Jah­res unter ande­rem das The­ma ‚Data­mi­ning im Ver­trieb‘ inte­griert, um den Anwen­dungs­be­zug wei­ter zu stär­ken“, sagt Tho­mas Zink. Die Absol­ven­ten sol­len spä­ter als Füh­rungs­kräf­te sou­ve­rän agie­ren, stra­te­gi­sche Ent­schei­dun­gen tref­fen und die Her­aus­for­de­run­gen der Glo­ba­li­sie­rung meis­tern kön­nen. Die Ziel­grup­pe sind in ers­ter Linie aus­ge­bil­de­te Spe­di­teu­re, Groß- und Außen­han­dels- sowie Schiff­fahrts­kauf­leu­te. Absol­ven­ten erhal­ten zwei Abschlüs­se: staat­lich geprüf­ter Betriebs­wirt und Bache­lor of Arts.

Einen Mas­ter drauf­set­zen

Der Mas­ter­stu­di­en­gang „Digi­ta­le Logis­tik und Manage­ment“ der Hoch­schu­le Wis­mar kom­bi­niert umfas­sen­de fach­li­che und metho­di­sche Kom­pe­ten­zen aus den drei Berei­chen IT, quan­ti­ta­ti­ve Logis­tik und qua­li­ta­ti­ve Logis­tik.
„Die Absol­ven­ten fun­gie­ren als Brü­cke zwi­schen Logis­tik­ex­per­ten und IT-Spe­zia­lis­ten“, erläu­tert der Stu­di­en­gangs­lei­ter, Prof. Bernd Wag­ner. Das heißt, sie kön­nen Geschäfts­pro­zes­se ana­ly­sie­ren und beherr­schen die Pro­gram­mier­spra­che SQL für Daten­bank­ab­fra­gen.
„Sie ver­ste­hen die Her­aus­for­de­run­gen der Digi­ta­li­sie­rung und kön­nen geeig­ne­te IT-Lösun­gen aus­wäh­len und anwen­den, etwa zur Opti­mie­rung der Lager­hal­tung“, sagt er.
Ein wei­te­rer Fokus liegt auf Spe­zi­al­be­rei­chen wie Ersatz­teil­lo­gis­tik und Tou­ren­pla­nung.
Erstaun­lich und für die Hoch­schu­le Wis­mar erfreu­lich sei, dass es nach wie vor nur weni­ge zumin­dest annä­hernd ver­gleich­ba­re Stu­di­en­gän­ge auf dem deut­schen Bil­dungs­markt gebe, so dass sich sogar Bache­lor-Absol­ven­ten aus Süd­deutsch­land, etwa von der FH Heil­bronn, für die­sen Mas­ter­stu­di­en­gang in Wis­mar ein­schrei­ben.
Wie Johan­na Frei­stedt: Sie stu­diert im drit­ten Semes­ter in Wis­mar und hat nach dem Abitur zunächst den Bache­lor­stu­di­en­gang „Ver­kehrs­be­triebs­wirt­schaft und Logis­tik“ an der Hoch­schu­le Heil­bronn absol­viert. Ihre Erwar­tun­gen an den Mas­ter­stu­di­en­gang „Digi­ta­le Logis­tik und Manage­ment“ haben sich „im Gro­ßen und Gan­zen erfüllt, sowohl was das Stu­di­um im All­ge­mei­nen als auch was den Schwer­punkt Digi­tal betrifft.“ Dar­über hin­aus konn­te sie vie­le wei­te­re posi­ti­ve Erleb­nis­se im Stu­di­um sam­meln, mit denen sie vor­her nicht gerech­net habe, erzählt sie.
An der Logis­tik fas­zi­niert Johan­na Frei­stedt beson­ders ihre enor­me Bedeu­tung für die Wirt­schaft:
„Denn ohne eine funk­tio­nie­ren­de Logis­tik wür­den Lie­fer­ket­ten zusam­men­bre­chen, Rega­le in Super­märk­ten leer blei­ben und Pro­duk­tio­nen ins Sto­cken gera­ten.“ Das Mas­ter­stu­di­um bewer­tet sie nicht nur als Erwei­te­rung ihrer fach­li­chen Kom­pe­tenz. Es sei auch sehr wich­tig für ihre per­sön­li­che Ent­wick­lung. ■

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Nico­le de Jong ist freie Fach­jour­na­lis­tin mit Sitz in Mölln.