Einen 252 Tonnen wiegenden Trafo von A nach B zu bringen, ist keine große Sache für einen Profi. Dabei ist allerdings deutlich mehr zu organisieren als bei handlichem Stückgut oder Containern.
Von Werner Balsen

Es ist Ende 2023, als dieser Auftrag kommt: Transport eines Trafos von Bad Honnef am Rhein nach Landes- bergen an der Weser. Eigentlich normales Geschäft für Daniel Köder. Aber diese Tour ist ihm auch heute noch sehr präsent. Das liegt nicht am Gewicht der Fracht – immerhin 252 Tonnen. Dabei dürfen Lkw auf deutschen Straßen und Autobahnen in der Regel maximal 40 Tonnen wiegen. Aber der 28-Jährige hat schon die Beförderung deutlich schwererer Lasten organisiert. Denn der gelernte Speditionskaufmann arbeitet als Projektmanager für Schwertransporte. Das sind all jene Ladungen, deren Abmessungen und Gewichte über die zulässigen Werte hinausgehen.
Daniel Köders Transportgüter sind folglich nicht Paletten mit Elektronikware, von denen 30 bequem auf einen 40-Tonner passen. Es sind übergewichtige Transformatoren, überdimensionierte Kabelrollen oder überlange Gastanks. Beschäftigt ist der Manager seit zehn Jahren bei der auf Schwer- und Sondertransporte spezialisierten Spedition Kübler mit Hauptsitz in Michelfeld bei Schwäbisch-Hall. Köder zieht neben der Straße immer auch Wasser- und Schienenwege für die Aufträge in Betracht. Für Bahntransporte hat Kübler ein eigenes Tochterunternehmen gegründet, Kübler Heavy Rail.
An die Bahn denkt der Projektmanager sofort, als er sich an die Planung macht. Denn das Werk von Hitachi-Energy in Bad Honnef, in dem der wuchtige Trafo hergestellt wurde, hat einen Gleisanschluss. Mit dem Zug käme der Trafo mit einem kurzen „Nachlauf“ auf der Straße bis ans Ziel.
Für die Genehmigung der geplanten Strecke auf der Schiene ist die Netztochter der Deutschen Bahn (DB), DB InfraGo, zuständig. „Wie lange, glauben Sie, dauert so eine Prüfung der von uns ausgetüftelten Schienenroute?“, fragt er und gießt sich im Konferenzraum des Kübler-Schwergutzentrums in Mannheim Wasser ins Glas. „Drei bis vier Monate, manchmal auch länger“, beantwortet er seine Frage selbst. „Und vier bis fünf Wochen vor dem geplanten Transportbeginn bekamen wir eine Absage von der Bahn. Die hatten im Ruhrgebiet, bei Datteln, eine Brücke ausgemacht, über die wir nicht fahren durften.“
Intermodal unterwegs
Damit waren wochenlange Planungen für die Katz. Und das ist der Grund, warum der Profi diesen Transport noch immer im Kopf hat: „Ich war stinkesauer.“ Denn er musste „nicht nur ein komplett neues Konzept erarbeiten“ – er musste auch „nach Monaten dem Kunden verklickern, dass die zugesagten Liefertermine nicht zu halten waren.“
Im zweiten Anlauf entschied sich Daniel Köder, auf dem Wasserweg – via Rhein, Wesel-Datteln- und Datteln-Hamm-Kanal– die marode Eisenbahnbrücke zu umfahren. Dem war der Tipp eines Kollegen vorausgegangen, dass man im westfälischen Lünen den Trafo vom Datteln-Hamm-Kanal auf die Schiene umladen könne. Ein Glücksfall, denn „geeignete Umschlagplätze sind in Deutschland schwer zu finden“, weiß er.
Der Plan hatte zwei Haken: Bad Honnef liegt zwar am Rhein, hat aber keinen Hafen. Deshalb musste der Schwergutexperte einen Ponton organisieren. Über eine stabile Rampe wurde der Trafo inklusive Tieflader, mit dem die Fracht ans Ufer gebracht worden war, auf den Ponton verladen. Der wiederum wurde dann per Schubschiff flussabwärts befördert. Kaum hatte Daniel Köder das Problem des fehlenden Hafens gelöst, tauchte das nächste auf: Da der Ponton kaum Tiefgang hatte, konnte der Transport zwar die Rheinbrücken passieren, nicht aber alle Brücken unterfahren, die über die Kanäle führen. Der Trafo war zu hoch. Deshalb musste er im Krefelder Hafen auf ein Binnenschiff umgeladen werden, dessen größerer Tiefgang die Kanäle für diesen Transport erst nutzbar machten. Glücklicherweise war der Kai im Zielhafen Lünen stabil genug für den schweren Raupenkran, der den Trafo dort vom Schiff auf einen Spezialwaggon, einen sogenannten Schnabelwagen, hieven konnte.
Er erwähnt nur nebenbei, dass die Hafenbahn in Lünen den dortigen Stadtwerken gehört, was für die Fahrt bis zum Übergabebahnhof an das DB-Netz weitere Genehmigungs- und Abstimmungsverhandlungen notwendig machte. Danach ging es endlich über die Schienen der Hafenbahn, dann auf dem Netz der DB und zum Schluss auf einem Spezialfahrzeug namens Straßenkesselbrücke ins Umspannwerk Landesbergen. Transportdauer insgesamt: knapp drei Wochen. „Das war noch gut, es kann auch Monate dauern“, winkt er ab. Genehmigungen jeglicher Art brauchen viel Zeit.
Daniel Köder wollte immer in die Logistik – und hat es nie bereut: „Es hat von Anfang an Spaß gemacht.“ Und auch, wenn es bei der Ausarbeitung des Trafo-Transports nach Landesbergen damals „Tage gab, an denen Du dachtest, was machst Du hier“, gehe er immer noch gern zur Arbeit, um die nächste Herausforderung zu meistern. ■

WAS MACHEN EIGENTLICH?
Kaufleute für Spedition und Logistikdienstleistung
Art und Dauer der Ausbildung:
Duale Berufsausbildung, drei Jahre, kann verkürzt werden
Tätigkeit: Kaufleute für Spedition und Logistikdienstleistung gelten als Architekten des Transports. Sie organisieren Versand, Umschlag und Lagerung von Gütern. Sie überwachen das Zusammenwirken aller an einer Logistikkette Beteiligten vom Versender über Fracht‑, Verkehrs- und Umschlagunternehmen, Lagerbetreiber und Versicherungsunternehmen bis hin zum Endkunden. Zudem beraten und betreuen sie Kunden bei der Wahl des Transportmittels, der Route und der Verpackung. Sie kalkulieren Preise, arbeiten Angebote aus, bereiten Verträge vor, kümmern sich um den Versicherungsschutz, beauftragen Transportunternehmen und besorgen alle erforderlichen Fracht- und Zollpapiere. Sie bearbeiten Reklamationen, nehmen Schadensmeldungen entgegen und kümmern sich um die Regulierung von Schäden. Ist ein Auftrag abgewickelt, rechnen sie die Leistungen ab. Sie weisen Zahlungen an und bearbeiten Vorgänge des Mahnwesens.
Weitere Informationen: web.arbeitsagentur.de/berufenet
