Gerade Gefahrgüter erfordern kluge Köpfe und zupackende Hände, damit sie sicher unterwegs sind. Ein Rundgang bei einer Fachspedition zeigt, wie vielfältig die Aufgaben sind und somit die Qualifikationen der Menschen im Unternehmen sein müssen.
Von Uta Fuchs

Karriere mit Gefahrgut? Das wird wohl nur wenigen Menschen in die Wiege gelegt. Doch wer in der Logistik sein Auskommen sucht, wird immer wieder auf diese Möglichkeit stoßen. Zum Beispiel bei der Hoyer Group, einem Spezialisten für den Transport und das Handling von Flüssiggütern wie Lebensmitteln, Gasen, Mineralölen und chemischen Produkten. In Tankcontainern, Tankaufliegern und kleinen Intermediate Bulk Containern (IBC) werden die Produkte, zum großen Teil Gefahrgüter, auf Straße, Schiene und über See befördert.
GEFAHRGUTBEAUFTRAGETER
Lutz Kahlen hat den Job, an den viele beim Thema Gefahrgut zuerst denken: Er ist der Gefahrgutbeauftragte der Hoyer Group für Deutschland – und ein klassischer Quereinsteiger. Nach einer Zeit als Lkw-Mechaniker bei der Bundeswehr lernte er Groß- und Außenhandelskaufmann in einer Lkw-Werkstatt, arbeitete dann als Disponent und stieg zum Fuhrparkleiter auf. Als der damalige Gefahrgutbeauftragte in Rente ging, nutzte er die Chance, machte die IHK-Fortbildung zum Gefahrgutbeauftragten und übernahm 2015 die Stelle. Bei Hoyer schult Lutz Kahlen alle Mitarbeiter, die mit Gefahrgut zu tun haben. Er ist in vielen Bereichen involviert, redet bei der Anschaffung von Zugmaschinen und Chassis genauso mit wie bei der Entwicklung von Computersystemen, die Gefahrgutinformationen abbilden müssen. Zudem überwacht er etwa die Einhaltung der Vorschriften für die Gefahrgutbeförderung, erstellt einen Jahresbericht zum Thema, hält eventuelle Unfälle, Zwischenfälle oder Verstöße fest, die während der Beförderung gefährlicher Güter oder während des Be- oder Entladens festgestellt wurden, und berät alle Bereiche des Unternehmens. Für ihn ist das Besondere an seinem Job: „Ich darf mir alles anschauen und überall mitreden.“
DISPONENTIN
Auch die Personaldisponenten wie Sabine Scholz, gelernte Bürokauffrau, werden jährlich zum Thema Gefahrgut geschult. Sie verantwortet als Dispatching Coordinator die Fahrereinteilung für einen Großkunden in Deutschland im Bereich Gase. Zusammen mit ihren drei Teamkollegen ist sie die erste Ansprechpartnerin für knapp 190 Fahrerinnen und Fahrer der Gase-Flotte. Ein großer Teil der täglichen Arbeit ist die Schichtplanung. „Wir haben einen sehr guten Draht zu den Fahrern. Falls ich spontan für einen Einsatz jemanden brauche, dann sind die Jungs und die vier Fahrerinnen im Gase-Team für mich da“, berichtet sie. Eine ebenso wichtige Aufgabe ist, 24/7 für das Fahrpersonal erreichbar zu sein. „Im Idealfall bleibt das Telefon stumm. Aber bei Krankheitsfällen oder einem Unfall ist es wichtig, dass immer jemand reagieren kann. Zu jeder Tages- und Nachtzeit.“ Zum Arbeitsalltag von Sabine Scholz gehören auch unangemeldete Fahrerkontrollen an den Standorten. Hier stellt sie sicher, dass die Fahrer die richtige persönliche Schutzausrüstung tragen, alle Papiere ordnungsgemäß vorliegen und das Fahrzeug im besten Zustand ist.
FAHRERTRAINER UND KONTROLLEUR
Dirk Vogel verdiente sich schon als Schüler etwas Geld dazu, indem er Lkw wusch. Dann studierte er Chemie. Doch die Liebe zu den Lkw ließ ihn nicht los und ein Industriepraktikum führte ihn in die Logistik. Nach dem zweiten Staatsexamen, also als „fertiger Chemielehrer“, stieg er als Fahrertrainer ein. Erst machte er die Fortbildung zum Gefahrgutbeauftragten, dann folgte die Ausbildung zum Fahrertrainer. Er reist an alle deutschen Unternehmensstandorte und kontrolliert auch mal unangemeldet Fahrer und Fahrzeuge der Gasflotte. „Es kann schon mal passieren, dass ich auf der Autobahn eines unserer Fahrzeuge herauswinke und am nächsten Rastplatz alles kontrolliere“, so Vogel. Oder er springt ein, wenn dringend ein Fahrer benötigt wird. Den notwendigen ADR-Schein zusätzlich zum Führerschein hat er.
Studierte Chemiker gibt es im Unternehmen einige, etwa als Commercial Chemists. Zu ihren Kernaufgaben gehört die Pflege der Produktdatenbanken, die die Sicherheitsdatenblätter von Chemikalien enthalten. Denn jeder Erzeuger hat seine eigene Rezeptur und entwickelt seine Produkte weiter. Immer wieder muss geprüft werden, welches Transportmittel zum Produkt passt.
Es gibt etwa unterschiedliche Innenauskleidungen und Beschichtungen der Tanks, die chemische Reaktionen mit dem Metall verhindern. Die Chemiker sind daher zusätzlich Spezialisten in Materialwissenschaften und Gefahrgutrecht.
Auch Sabine Eisner, die als Head of SHEQ – Safety, Health, Environment und Quality – für die Gasstandorte des Unternehmens in Deutschland und sieben weiteren europäischen Ländern verantwortlich ist, hat Chemie studiert. Sie sorgt für maximale Sicherheit bei Equipment, Prozessen und am Arbeitsplatz. Dazu gehört unter anderem, im Rahmen des täglichen Qualitätsmanagements Fahrverhaltensprotokolle auszuwerten und bei Schwachstellen zu reagieren – damit es erst gar nicht zu Zwischenfällen kommt.
FAHRERIN
Wasserstoff ist ein extrem sensibles Gut, das gasförmig unter einem Druck von mindestens 200 Bar in Behälter gefüllt, transportiert und entladen wird. Entsprechend hoch sind die Sicherheitsauflagen. Natürlich werden Fahrer für den Umgang mit Wasserstoff speziell geschult. Wie Dörte Witt. Sie beliefert Kunden in Norddeutschland und hat ihren Lkw-Führerschein als junge Frau für die Landwirtschaft gemacht, dann Jahre in der Pflege gearbeitet. Vor neun Jahren hat sie umgesattelt, erst als Fahrerin für Stückgut, nun für Wasserstoff. Die Bilanz der Quereinsteigerin: „Das Beste, was mir je passiert ist. Ich bin gerne unterwegs, liebe die Abwechslung, habe mehr geistige als körperliche Anstrengung – und nie Wartezeiten beim Be- und Entladen.“ Sie muss mit dem Kopf immer voll dabei sein, mit Sorgfalt und Umsicht arbeiten. „Es gibt sehr viele Ventile, Gasdruck und Messanlagen, die man im Auge behalten und in der richtigen Reihenfolge bedienen muss.“
MANAGER SERVICE NETWORK
An Depots werden Tanks gereinigt, gelagert, gewartet und repariert. Ruben Ottliczky, Senior Manager Service Network und ausgebildeter Kfz-Mechaniker, ist mit seinem Team für den weltweiten Einkauf von Depotleistungen zuständig. „Egal, welcher Auftrag vergeben wird:
Wir prüfen immer, ob dieser vor Ort nach dem gültigen Gefahrgutrecht und unseren Regularien abgewickelt werden kann.“

Reiniger
Am Depot in Hamburg, das zur Hoyer-Tochter Cotac Europe gehört, ist Majid Taheri Vorarbeiter der Tankreinigung. Der Iraner kam 2015 nach Deutschland, arbeitete erst über eine Zeitarbeitsfirma für Cotac und fing dort vor acht Jahren fest an. Seine Kollegen und er sind im Schichtbetrieb für die Innenreinigung und Außenwäsche von Tankcontainern und IBC zuständig. Ein anderes Aufgabenfeld hat David Schmitz, Supervisor Reinigung und gelernter Autoglaser: Er delegiert Mitarbeitende und überwacht permanent, ob bestimmte Stoffe vor Ort gereinigt werden dürfen. Wenn es zu den Ladedokumenten der Fahrer Rückfragen gibt, nimmt er auch Kontakt zu den Kunden auf, um auf der sicheren Seite zu sein.
METALLTECHNIKERIN
Kimberly Jolina Kies hat bei einem Praktikum die Werkstatt von Cotac mit ihren vielseitigen Aufgaben kennengelernt. Sie startete nach ihrem erweiterten Realschulabschluss ihre Ausbildung als Fachkraft der Metalltechnik in Richtung Montagetechnik in Hamburg. Montags und dienstags ist Berufsschule, von Mittwoch bis Freitag ist sie in der Werkstatt anzutreffen. Ob Reparaturen an Tankcontainern, Checks oder die Vorbereitung der Tanks für die regelmäßigen-Prüfungen ähnlich dem TÜV – überall ist sie mit dabei und darf als Auszubildende im zweiten Lehrjahr oft eigenständig arbeiten. Schweißen macht ihr besonders viel Spaß. „Meine Arbeit ist sehr wichtig. Ein defekter Tankcontainer im Außeneinsatz könnte viel Schaden anrichten.“
KEY ACCOUNT MANAGER
Kein Gefahrgutexperte ist Malte Meier, Key Account Manager Global Sales. Der ausgebildete Schifffahrtskaufmann und Verkehrsfachwirt bringt die Interessen der Kunden mit den Gefahrgutexperten der Hoyer Group zusammen, ob Reiniger, Gefahrgutbeauftragter oder Chemiker. Jeder Kundenwunsch wird geprüft, um von der Verladung bis zur Behälterreinigung eine rundum sichere Leistung bieten zu können. ■
Uta Fuchs ist freie Journalistin mit Sitz in Ratzeburg.