Logis­tik gehört auf den Lehr­plan

Eine baye­ri­sche Pri­vat­schu­le macht Glück zum Schul­fach. Teil des Lehr­plans sol­len Media­ti­on, Spie­le, krea­ti­ve Arbeit und Bewe­gung wer­den. Die Idee ist geni­al, aber auch längst über­fäl­lig. Denn vie­len Lehr­plä­nen fehlt noch immer der Rea­li­täts­be­zug, der Schü­ler moti­viert. War­um nicht auch Logis­tik zum Unter­richts­fach machen?

Von Prof. Rem­bert Horst­mann

Wer Logis­tik als das ver­steht, was sie ist, lernt nicht nur Wesent­li­ches über wirt­schaft­li­che Zusam­men­hän­ge in unse­rer Volks­wirt­schaft. Er ver­steht auch, was gute (Selbst-)Organisation für den Lebens­er­folg bedeu­tet, wie kom­ple­xe Auf­ga­ben unter ande­rem mit Hil­fe der Digi­ta­li­sie­rung erfolg­reich gema­nagt wer­den, wie man Zie­le setzt und erreicht. Und er lernt zugleich, wel­che Funk­ti­on die Logis­tik für Wohl­stand und Zukunfts­fä­hig­keit unse­rer Gesell­schaft besitzt. Es wäre also pro­blem­los mög­lich, logis­ti­sche Lehr­in­hal­te an wei­ter­füh­ren­den Schu­len in Fächer wie Sozi­al­wis­sen­schaf­ten, Wirt­schaft oder Gesell­schafts­leh­re zu inte­grie­ren. Anspruchs­vol­le Aus­bil­dungs­be­ru­fe wie die Fach­kraft für Lager­lo­gis­tik oder der Kauf­mann für Spe­di­ti­on und Logis­tik wür­den damit deut­lich an Attrak­ti­vi­tät gewin­nen, da die Schü­ler das Auf­ga­ben­um­feld viel bes­ser ein­schät­zen könn­ten.

Kein klas­si­scher Blue Col­lar Job

Eine Aus­bil­dung in der Logis­tik ist heu­te kein klas­si­scher Blue Col­lar Job mehr ohne Per­spek­ti­ve. In den Unter­neh­men erfolgt über alle Berufs­grup­pen hin­weg eine kon­se­quen­te Wei­ter­bil­dung. Der Umgang mit moder­nen IT-Instru­men­ten und ein kom­ple­xes Pro­zess­den­ken ist in vie­len ver­schie­de­nen Beru­fen und Bran­chen gefor­dert. Und: Unser Bil­dungs­sys­tem ist zum Glück viel durch­läs­si­ger gewor­den. Aus­bil­dungs­be­ru­fe sind kei­ne Sack­gas­se mehr. Nach erfolg­rei­cher Aus­bil­dung kön­nen die jun­gen Leu­te, wenn sie es denn wün­schen, pro­blem­los ein dua­les Stu­di­um oder ein Voll­stu­di­um drauf­set­zen, um sich wei­ter zu qua­li­fi­zie­ren. Dies soll­te von den Unter­neh­men aktiv geför­dert wer­den, da somit wert­vol­le Mit­ar­bei­ter lang­fris­tig an das Unter­neh­men gebun­den wer­den kön­nen.

Die Situa­ti­on an unse­ren Wirt­schafts­hoch­schu­len und Uni­ver­si­tä­ten ist viel bes­ser als noch vor Jah­ren. Waren frü­her Logis­tik- oder Sup­p­ly Chain Manage­ment-Stu­di­en­gän­ge eher Man­gel­wa­re, so kann man heu­te logis­ti­sche Stu­di­en­in­hal­te und ‑ver­tie­fun­gen an nahe­zu allen Wirt­schafts­hoch­schu­len in Deutsch­land bele­gen. Dies ist eine erfreu­li­che Ent­wick­lung und wird der Logis­tik zuneh­mend aka­de­mi­schen Nach­wuchs besche­ren. Doch auch hier lässt sich das glei­che Phä­no­men wie in unse­rer Gesell­schaft beob­ach­ten. Erst die­je­ni­gen, die Logis­tik ver­stan­den und haut­nah ken­nen gelernt haben, wer­den zu begeis­ter­ten Fans die­ses Fachs.

Dabei ist es wich­tig, für die Bran­che nicht nur die „rei­nen“ Logis­tik­stu­die­ren­den zu mobi­li­sie­ren; gebraucht wer­den hän­de­rin­gend auch Mar­ke­ting­fach­leu­te, Ver­trieb­ler, Exper­ten für Finanz- und Rech­nungs­we­sen und nicht zuletzt IT-Fach­kräf­te.

Foto: Pri­vat Schu­le

Nähe suchen

Unver­zicht­bar für Logis­tik­un­ter­neh­men und ihre HR-Ver­ant­wort­li­chen ist die Nähe zu Schu­len und Hoch­schu­len. Nicht nur um gute Nach­wuchs­kräf­te für das eige­ne Unter­neh­men zu fin­den, son­dern auch um Schü­lern die Band­brei­te der Aus­bil­dungs- und Kar­rie­re­mög­lich­kei­ten in der Logis­tik haut­nah ver­mit­teln zu kön­nen. Bewähr­te Instru­men­te dafür sind sicher­lich Gast­vor­trä­ge, Teil­nah­me an Berufs- und Hoch­schul­mes­sen sowie die Bereit­stel­lung von Prak­ti­kan­ten­stel­len. Für Stu­die­ren­de sind „Busi­ness Pro­jects“ emp­feh­lens­wer­te Instru­men­te. Dar­in bear­bei­ten die Stu­den­ten wäh­rend eines Semes­ters prak­ti­sche Auf­ga­ben­stel­lun­gen – qua­si als Bera­ter für die Unter­neh­men. So kön­nen sie ihr Wis­sen einer­seits prak­tisch anwen­den, ande­rer­seits gewin­nen Unter­neh­men prak­ti­sche Lösungs­vor­schlä­ge für ihre The­men und kön­nen zugleich für sich und die Logis­tik wer­ben.

War­um nicht also Logis­tik zum Unter­richts­fach machen? Das Image der Logis­tik wächst, je frü­her und nach­hal­ti­ger die jun­ge Gene­ra­ti­on mit den viel­sei­ti­gen Kar­rie­re­mög­lich­kei­ten der Bran­che ver­traut gemacht wird, aber auch mit den wich­ti­gen Ver­sor­gungs­funk­tio­nen, die Logis­tik für unser Leben besitzt. Schu­len und Hoch­schu­len könn­ten dabei naht­los an bewähr­te Instru­men­te anknüp­fen wie den „Tag der Logis­tik“ oder der DVZ-Akti­on „Wir sind Logis­tik“. Wich­tig ist, den Nach­wuchs mit inter­es­san­ten Logis­tik­lehr­in­hal­ten an den Schu­len früh­zei­tig abzu­ho­len und Logis­tik live erleb­bar zu machen.

Prof. Rem­bert Horst­mann , ex-Fie­ge- und Impe­ri­al-Logi­stics-Mana­ger, ist Pro­fes­sor mit dem Lehr­ge­biet Mar­ke­ting und Ver­trieb an der CBS Inter­na­tio­nal Busi­ness School in Köln.