Neue Aus­bil­dungs­ord­nung, neue Chan­cen

Geht es um die Berufs­wahl kom­men direkt wich­ti­ge Fak­to­ren wie Sicher­heit des Arbeits­plat­zes, inter­es­san­te Auf­ga­ben und ein soli­des Gehalt ins Spiel. All die­se Kri­te­ri­en win­ken mit einer Aus­bil­dung in der Bin­nen­schiff­fahrt.

von Gerit Fiet­ze

Zum 18. Janu­ar 2022 wur­de die EU-Befä­hi­gungs­richt­li­nie für die Bin­nen­schiff­fahrt in natio­na­les Recht umge­setzt. Ziel die­ser Richt­li­nie ist die Aus­bil­dungs­qua­li­tät in der Bin­nen­schiff­fahrt in den ver­schie­de­nen EU-Mit­glieds­staa­ten auf einem hohen Niveau zu har­mo­ni­sie­ren. Die­se Umset­zung, die folg­lich auch Ver­än­de­run­gen bei dem Erwerb von Qua­li­fi­ka­tio­nen in der Bin­nen­schiff­fahrt mit sich gebracht hat, wur­de zum Anlass genom­men die Aus­bil­dungs­ord­nung für die Bin­nen­schiff­fahrt neu zu gestal­ten.

Zwei Aus­bil­dungs­gän­ge wer­den in Zukunft ange­bo­ten: Jener zum Steu­er­mann und der­je­ni­ge zum Kapi­tän in der Bin­nen­schiff­fahrt, der sogar dazu berech­tigt, sich mit sei­nem eige­nen Schiff selbst­stän­dig zu machen.

In Deutsch­land beinhal­tet die Aus­bil­dung, sowohl zum Steu­er­mann als auch zum Kapi­tän in der Bin­nen­schiff­fahrt, einen schu­li­schen und prak­ti­schen Teil. Der schu­li­sche Teil wird in ver­schie­de­nen Blö­cken im Jahr an den Berufs­schu­len in Duis­burg oder in Schö­ne­beck absol­viert. Die prak­ti­sche Aus­bil­dung fin­det direkt auf dem Schiff statt. Hier­bei arbei­tet und lebt der Aus­zu­bil­den­de wäh­rend die­ser Zeit an Bord des Schif­fes und lernt das Leben eines Bin­nen­schif­fers haut­nah ken­nen.

Bar­ges Main-Danu­be Canal in Bam­berg

Als Vor­aus­set­zung für die dua­le Aus­bil­dung ist nur die Erfül­lung der Voll­zeit­schul­pflicht (zehn Jah­re) erfor­der­lich, Tech­nik­in­ter­es­se und eine Affi­ni­tät für das Was­ser sind wün­schens­wert. Mit dem Abschluss der dua­len Aus­bil­dung in Deutsch­land wird eine Qua­li­fi­ka­ti­on erwor­ben, die es ermög­licht, in der gesam­ten Euro­päi­schen Uni­on zu arbei­ten. Dabei ist eine Aner­ken­nung durch­gän­gig sicher­ge­stellt.

Apro­pos Sicher­heit: Die des Arbeits­plat­zes ist in kaum einem ande­ren Beruf so hoch, wie in der Bin­nen­schiff­fahrt. Schließt man sei­ne Aus­bil­dung erfolg­reich ab, so hat man eine nahe­zu 100-pro­zen­ti­ge Über­nah­me­ga­ran­tie und wird sei­nen Beruf kaum mehr ver­lie­ren.

Eine Aus­bil­dung in der Bin­nen­schiff­fahrt bie­tet vie­le Vor­tei­le, wel­che die­se Bran­che so attrak­tiv machen. Auf­grund der Tat­sa­che, dass man einen Arbeits­platz wählt, wel­cher sich in stän­di­ger Bewe­gung befin­det, bekommt man die Gele­gen­heit, ver­schie­de­ne Län­der zu berei­sen. Das Aus­bil­dungs­ge­halt in der Bin­nen­schiff­fahrt galt jah­re­lang als das höchs­te in Deutsch­land gezahl­te und belegt auch aktu­ell noch einen sehr hohen Rang. In kaum einer ande­ren Bran­che bekommt der Berufs­star­ter so schnell gro­ße Ver­ant­wor­tung, wenn er dies auch will.

Die neue Aus­bil­dung und die damit ver­bun­de­ne Har­mo­ni­sie­rung der Qua­li­fi­ka­tio­nen in der Bin­nen­schiff­fahrt in der gesam­ten Euro­päi­schen Uni­on, muss als Gele­gen­heit für die Bran­che betrach­tet wer­den. Nicht nur ist durch die euro­pa­wei­ten ein­heit­li­chen Befä­hi­gun­gen und deren Vor­aus­set­zen ein gleich­mä­ßig hohes Niveau sämt­li­cher Aus­zu­bil­den­der garan­tiert. Son­dern die­se Befä­hi­gun­gen tra­gen auch dazu bei, dass der ohne­hin bereits siche­re Ver­kehrs­trä­ger der Bin­nen­schiff­fahrt noch ein­mal einen Schritt nach vorn macht und die Attrak­ti­vi­tät der Bin­nen­schiff­fahrt für Logis­tik­part­ner deut­lich erhöht wird.

Zusätz­lich zur Sicher­heit der Bin­nen­schiff­fahrt trägt der Umstand bei, dass es ent­ge­gen der ursprüng­li­chen Pra­xis nicht mehr mög­lich ist, eine Qua­li­fi­ka­ti­on in der Bin­nen­schiff­fahrt ohne das Bestehen einer Prü­fung zu erhal­ten. In der Ver­gan­gen­heit war dies unter Umstän­den durch das allei­ni­ge Ableis­ten von Fahr­ta­gen mög­lich. Die somit gewon­ne­ne Erfah­rung konn­te zum Erwerb von Qua­li­fi­ka­tio­nen in der Bin­nen­schiff­fahrt genutzt wer­den. Damit wird die Qua­li­tät der in der Bin­nen­schiff­fahrt Täti­gen, die bereits jetzt ein hohes Niveau hat, erneut erhöht.

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Facts & Figu­res

Qua­li­täts­stan­dards:

Die EU-Befä­hi­gungs­richt­li­nie aus dem Jahr 2017 wur­de durch den Euro­päi­schen Aus­schuss für die Aus­ar­bei­tung von Stan­dards im Bereich der Bin­nen­schiff­fahrt (CESNI) erar­bei­tet. Ziel war es, die Aus­bil­dung in der Bin­nen­schiff­fahrt inner­halb der Mit­glieds­staa­ten zu har­mo­ni­sie­ren und an die sich durch den tech­ni­schen Fort­schritt erge­be­nen Ände­run­gen anzu­pas­sen. Hier­durch soll nicht nur die Qua­li­tät der in der Bin­nen­schiff­fahrt Beschäf­tig­ten, son­dern auch die Sicher­heit der gesam­ten Bran­che erhöht wer­den.

Schicht­sys­tem:

In der Regel wird in der Bin­nen­schiff­fahrt das soge­nann­te 1:1‑Schichtsystem prak­ti­ziert. Dies bedeu­tet, dass nach einer gewis­sen Anzahl von Fahr­ta­gen an Bord des Bin­nen­schif­fes eine glei­che Anzahl an Tagen zu Hau­se ver­bracht wer­den kann. Zum Bei­spiel 14 Fahr­ta­ge an Bord des Schif­fes und anschlie­ßend 14 Tage Frei­zeit zu Hau­se.

Ver­gü­tung:

Die Gehäl­ter in der Bin­nen­schiff­fahrt bestim­men sich oft­mals über den Tarif­ver­trag, der jedoch nicht flä­chen­de­ckend für sämt­li­che Unter­neh­men Gül­tig­keit hat. Es kann also vor­kom­men, dass die Gehäl­ter höher aus­fal­len. Gemäß dem gül­ti­gen Tarif­ver­trag ver­dient ein Aus­zu­bil­den­der ein monat­li­ches Grund­ge­halt von bis zu 1.176,05 Euro. Ist die Aus­bil­dung been­det, kann ein Schiffs­füh­rer ein monat­li­ches Grund­ge­halt von bis zu 2.894,24 Euro ver­die­nen, zuzüg­lich Zula­gen, die einen nicht zu ver­nach­läs­si­gen­den Teil der monat­li­chen Ver­gü­tung dar­stel­len.


Gerit Fiet­ze ist Syn­di­kus­an­walt beim Bun­des­ver­band der Deut­schen Bin­nen­schiff­fahrt e.V.