Die Bahnlogistik bietet viele spannende Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten, ob gewerblich, auf dem Zug oder kaufmännisch
Von Wilfried Schneider

Bahn? Es gibt weit mehr Bahnen als die DB. „Bei der Rail Cargo Group (RCG) steht Internationalität stark im Vordergrund, denn als Bahnlogistiker sind wir in 18 Ländern bis nach Asien präsent“, erklärt Unternehmenssprecherin Maria Magdalena Pavitsich von der ÖBB-Holding. Auch ausgebildet wird nicht nur in Österreich, sondern beispielsweise auch in Deutschland. Die RCG ist mit rund 6.000 Mitarbeitenden das Gütertransportunternehmen der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB).
Die meisten Bahnlogistikprozesse für den Gütertransport und den Umschlag an den Terminals werden von klassischen „Logistiker*innen“ wie Speditionskaufleuten und Speditionslogistikern – Absolventen einer zusätzlich zum Speditionskaufmann in Österreich eingeführten dreijährigen kaufmännischen Ausbildung – als Zug-Disponenten, Produktmanager und Verkehrsplaner organisiert. „Aber auch Abteilungen wie Prozess- und Projektmanagement, Sales, Digitalisierung oder sogar Legal sind in logistische Aufgaben eingebunden“, sagt Maria Magdalena Pavitsich. „Sie beschäftigen sich alle mit der Optimierung von Transportprozessen.“ Damit Güterzüge auf dem Schienennetz aber überhaupt regelmäßig und pünktlich verkehren, sind der Verschub am Rangierbahnhof und die Betriebsführung im Schienennetz essenziell. Den Verschub – also das Zusammenstellen von Wagen mit dem gleichen (Zwischen-)Ziel zu Güterzügen an den Zugbildungsstellen der Verschub Knoten, die dann an einem Endknotenpunkt auf den Rangiergleisen für die Verteilung wieder auseinandergenommen werden – übernehmen sogenannte Verschiebe- und Rangiermitarbeiter. Sie prüfen auch die Kupplungen und führen eine Bremsprobe durch, ohne die kein Zug abfahren darf. Wagenmeister untersuchen die Züge auf ihre Fahrtauglichkeit, melden Fehler und beheben kleinere Mängel zuverlässig und kenntnisreich selbst.
VIELFÄLTIGE AUFGABEN
Die Züge fahren dürfen Eisenbahner im Betriebsdienst beziehungsweise Triebfahrzeugführer, die als Verschub Lokführer oder Lokführer auf der Strecke arbeiten. Wo und wie entscheiden die Fahrdienstleiter. Sie arbeiten als Betriebskoordinatoren, Notfallkoordinatoren, Produktionsvorbereiter Plan, Produktionsvorbereiter Ad-Hoc, Zuglenker sowie im Stellbereich und in der Kundeninformation in den fünf Betriebsführungszentralen der ÖBB und auf vielen Bahnhöfen. Fahrdienstleiter disponieren und steuern die Züge auf den ihnen zugewiesenen Streckenbereichen im ÖBB-Netz. Sie sind Ansprechpartner für die Verkehrsleitzentrale und koordinieren die Züge sowohl im Planverkehr als auch bei Abweichungen aufgrund von Störungen, besonderen Ereignissen oder sonstigen externen Einflüssen. Im Störungs- und Notfallmanagement sind sie zudem Ansprechpartner für die Blaulichtorganisationen. Werden kurzfristig Trassen für außerplanmäßige Züge oder Umfahrungen benötigt, organisieren sie diese ebenfalls.
373.581 Güterzüge der RCG fuhren im Jahr 2024 innerösterreichisch und grenzüberschreitend auf dem österreichischen Streckennetz von ÖBB-Infrastruktur.
In ebenso kompetenten Händen sind die Güter an den Terminals, wo sich die Kolleginnen und Kollegen um den Umschlag und die reibungslose Koordination zwischen Verladern, Spediteuren, Operateuren, Reedereien und Eisenbahnverkehrsunternehmen kümmern. Hier arbeiten beispielsweise Auftragssachbearbeiter, Disponenten, Kranführer, Containerstaplerfahrer und Metallfacharbeiter, die Transportmittel reparieren. Intern kümmern sich Betriebslogistikkaufleute darum, dass alle benötigten Materialien in den Werkstätten, Betriebsleitzentralen, Bahnhöfen und Zügen jederzeit in passender Qualität und Menge verfügbar sind. Ihre Ausbildung entspricht jener der in Deutschland ausgebildeten Fachkräften für Lagerlogistik.
EIGENES AUSBILDUNGSZENTRUM
Die ÖBB bilden ihre Fachkräfte zu einem großen Teil in internen Bildungseinrichtungen aus wie dem Bildungscampus der ÖBB in St. Pölten. Konzernweit werden 26 Lehrberufe angeboten, darunter die Ausbildung zur Speditionskauffrau/zum Speditionskaufmann in der RCG, wo seit dem Jahr 2000 rund 800junge Menschen ihren Lehrabschluss erwarben. Aktuell arbeiten bei der RCG österreichweit mehr als 100 Speditionslehrlinge. Mit Zusatzprogrammen wie Erasmus werden auch Praktika in ganz Europa angeboten, bei denen die Auszubildenden die ÖBB-Jobs im Ausland kennenlernen können. Im Laufe der Jahre haben sich viele Karrieren bis hin zu Experten- und Führungsfunktionen entwickelt, die im Rahmen einer Lehre bei der RCG begonnen haben.
KLIMALOGISTIKER VON MORGEN
„Wir bilden in der Rail Cargo Group die Klimalogistiker*innen der Zukunft aus.“ Laut Maria Magdalena Pavitsich verursachen Gütertransporte auf der Schiene gegenüber solchen auf der Straße deutlich geringere Lärmemissionen, Luftverschmutzungen und Energieverbräuche. Unter dem Aspekt von Klima und Nachhaltigkeit sei etwa der Lehrberuf Speditionskaufmann/-frau auch ein sinnstiftender Job, denn Know-how in der Bahnlogistik werde in Zukunft in der gesamten Logistikkette noch stärker nachgefragt werden. „Wer bei der RCG eine Ausbildung und später einen Job macht, leistet daher auch einen wichtigen Zukunftsbeitrag für Wirtschaft, Gesellschaft und das Klima.“ Das gelte im Übrigen natürlich nicht nur für Speditionskaufleute. ■
Wilfried Schneider ist freier Journalist mit Sitz in Wien.
→ Wie wird man eigentlich Fahrdienstleiter (m/w/d)?
In Deutschland wird die 2,5 bis 3,5 Jahre dauernde duale Ausbildung zum Eisenbahner im Fachbereich Zugverkehrssteuerung angeboten. Quereinsteiger mit abgeschlossener Ausbildung werden mehrere Monate lang geschult. In Österreich gibt es nur den Einstieg über eine bereits abgeschlossene anderweitige Berufsausbildung und ÖBB-interne Schulungen. Allen gemeinsam ist, dass ein Eignungstest bestanden werden muss.
→ Speditionslogistiker (m/w/d)
Weitere Informationen zum Beruf des Speditionslogistikers unter www.berufslexikon.at
