Viele Menschen denken negativ über einen Job in der Logistik. Doch die positiven Seiten überwiegen — wie die Möglichkeit, durch energieeffiziente Transportlösungen aktiv den Klimaschutz voranzutreiben.
Von Werner Balsen

Wir fragen einen Profi: Werner Dettenthaler ist Regionalleiter Deutschland Landverkehr bei Gebrüder Weiss* in Nürnberg. Der 58-Jährige verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in leitenden Positionen in verschiedenen Logistikunternehmen.
WARUM LOGISTIK
Wie machen Sie jungen Leuten eine Ausbildung in der Logistik schmackhaft?
Man kann sich in der Logistik vielfältig einbringen. Es gibt Tätigkeiten in den unterschiedlichsten Facetten. Nicht zu vergessen: Logistik ist international – auch dadurch sind wir interessant. Leistungsorientierte Menschen mit Leidenschaft können in dem Sektor sehr gut agieren. Ich sage den jungen Leuten an ihrem ersten Tag, ‘Ihr habt eine großartige Entscheidung getroffen! Ihr habt spannende Jahre vor Euch, Ihr habt die Welt vor Euch´.
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Was setzen Sie der negativen Meinung in der Öffentlichkeit entgegen?
Viele junge Mitarbeiter suchen Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten. Wir versuchen, das mehr und mehr zu ermöglichen. Aber ich halte mal dagegen: Logistik ist Arbeit im Team, gemeinsames Suchen nach Lösungen. Team Spirit ist wichtig. Und wir sehen immer mehr, dass Bewerber das auch wichtig nehmen. Wer sich darauf einlässt, wird gute Erfahrungen machen.
FEHLENDER NACHWUCHS
Warum suchen Logistiker ständig Auszubildende? Bei vielen scheint Team Spirit nicht zu ziehen.
Ich würde nicht bestätigen, dass ein solches Argument nicht zieht. Aber wir müssen das den jungen Menschen näherbringen, in den sozialen Medien, in den Schulen oder bei Betriebspraktika. Schließlich haben wir während der Corona-Pandemie gesehen, wie systemrelevant die Logistik ist. Es liegt an uns, deren Bedeutung und Vielseitigkeit den Menschen besser zu vermitteln. Allein in der Logistik und in artverwandten Berufen gibt es mehr als 30 unterschiedliche Berufsbilder – da ist für jeden etwas dabei. Unser Image hinkt hinter unserer Bedeutung her.
3,35 Millionen Menschen waren 2023 in Deutschland in der Logistik beschäftigt.
Quelle: Bundesvereinigung Logistik (BVL)
KARRIERE
Viele denken bei Logistik an einfache Tätigkeiten ohne Perspektive. Stimmt das so?
Logistik ist weit mehr. Die Jobs sind für junge Menschen attraktiv, weil sie internationale Perspektiven haben und somit vielseitige Entwicklungsmöglichkeiten bieten – sei es mit einer Ausbildung, nach dem Studium oder bei globalen Karriere-pfaden, die sie beschreiten können. Wir punkten mit Abwechslung, Teamgeist, Jobsicherheit und der Chance, auch an sinnvollen, zukunftsrelevanten Projekten mitarbeiten zu können. Jeder kann mit Leidenschaft seine Talente ausleben – auch als Mitarbeiter in der Halle, als Fahrer oder als Kaufmann.
FRAUEN
Ist ein Job in der Logistik auch etwas für Frauen – über Sekretariatsaufgaben hinaus?
In meinen Augen ist die Logistik für Frauen mindestens so attraktiv wie für Männer. Natürlich haben wir sehr viele Männer als Fahrer, aber selbst auf den Lkw beschäftigen wir mehr und mehr Fahrerinnen. Im kaufmännischen Bereich sind bei Gebrüder Weiss mehr Frauen beschäftigt als Männer – und in Führungsrollen finden wir immer mehr Frauen. Ich halte Frauen tendenziell sogar für die besseren Führungskräfte, weil sie mit Menschen besser umgehen können. Logistik ist people’s business. Insofern können Frauen da eine wichtige Rolle spielen. Die wird bei uns gefördert.
KLIMASCHUTZ
Die globale Erwärmung aufzuhalten, ist für viele junge Menschen ein Thema. Da könnte Logistik punkten: Wahl nachhaltiger Transportmittel, effiziente Routenplanung, Einsatz umweltfreundlicher Antriebe. Warum wirbt die Branche damit nicht stärker?
Es ist richtig, dass junge Berufseinsteiger bei der Wahl des Arbeitgebers zunehmend darauf achten, ob das Unternehmen umweltbewusst wirtschaftet. Bei uns treffen sie auf ein Unternehmen, das nachhaltiges Wirtschaften zu einem Kernelement seiner Arbeitgebermarke gemacht hat. Wir zumindest werben damit! Belege dafür gibt es viele: Ein Großteil unserer eigenen Logistikanlagen deckt seinen Energiebedarf aus regenerativen Quellen. Beim Lkw-Antrieb nutzen wir alle verfügbaren emissionslosen oder emissionsarmen Varianten wie Strom, Wasserstoff und hydriertes Pflanzenöl (HVO). In Ballungsräumen stellen wir online bestellte Waren Privathaushalten mit emissionsfreien E‑Transportern zu. Und unseren Kunden bieten wir die Chance, den CO2-Fußabdruck ihrer Sendungstransporte auszugleichen. Darüber hinaus setzen wir Anreize für unsere Mitarbeitenden, fossilfrei zur Arbeit zu kommen. Unser Ziel ist, wirklich nachhaltig zu arbeiten. ■
Werner Balsen ist freier Autor mit Sitz in Grefrath.
*Gebrüder Weiss ist ein global agierendes Transport- und Logistikunternehmen mit 180 Standorten in 34 Ländern und mehr als 8.700 Mitarbeitenden. Sitz des Konzerns ist Lauterach in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland im Landverkehr 740 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben Sammelgut- und Direktverkehren per Lkw organisiert der Dienstleister Bahntransporte und entwickelt für seine Kunden individuelle Logistiklösungen.
327 Milliarden Euro Milliarden Euro erwirtschaftete der Bereich Logistik 2023 in Deutschland. Davon entfielen 131 Milliarden Euro auf 3.000 Speditionen und Logistikdienstleister mit 600.000 Beschäftigten. Die Branche ist überwiegend klein- und mittelständisch geprägt.
Quelle: Bundesvereinigung Logistik (BVL), Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV)
