Sich selbst verwirklichen und eigene Ideen umsetzen – einige junge Menschen wählen die Selbstständigkeit als Alternative zum klassischen Berufsweg. Im Gespräch mit der DVZ erzählen zwei von ihnen, wie ihr Weg in die Gründung aussah und an welchen logistischen Lösungen sie arbeiten.
Von Amelie Bauer

Frisch auf dem Arbeitsmarkt und schon CEO? Trotz zunehmender wirtschaftlicher Herausforderungen entwickelt sich die Start-up-Landschaft in Deutschland positiv: 2.766 Jungunternehmen wurden im Jahr 2024 gegründet – 11Prozent mehr als im Vorjahr.
Immer mehr Berufseinsteiger und Young Professionals stellen sich vor die Entscheidung zwischen der Sicherheit einer Festanstellung und der Selbstverwirklichung eigener Ideen im Rahmen einer Unternehmungsgründung – so auch Fenja Bierwirth, Gründerin von Feemax, und etwa Felix Kathöfer, Mitgründer von Katma Clean Control
Gründung statt Studium
Manchmal reicht schon eine aufmerksame Beobachtung aus, um die zündende Idee für eine Unternehmensgründung zu haben. Bei Felix Kathöfer und seinem großen Bruder Patrick geschah es im ländlichen Rietberg in Nordrhein-Westfalen: der Blick auf die regelmäßige zeitaufwändige Reinigung von Lkw-Aufliegern, etwa nach Lebensmittel- oder Viehtransporten.
„Dass da jemand samstags mit einem Hochdruckreiniger im Auflieger steht und den händisch sauber machen muss, war für uns nicht logisch. Also haben wir uns überlegt, was man besser machen könnte“, beschreibt Felix Kathöfer den Startschuss für die spätere Unternehmensgründung 2019. „Mittlerweile haben wir eine vollautomatisierte Laderaumreinigung entwickelt, die alle Vorteile der Technik mit sich bringt: günstiger, schneller und nachhaltiger.“
Um die vollautomatisierte Reinigungsmaschine zu bedienen, muss der Fahrer das Fahrzeug lediglich korrekt platzieren, die Türen fixieren und das gewünschte Reinigungsprogramm über ein digitales Bedienpanel starten. Im Anschluss wird durch eine angebundene Cloud ein digitales Zertifikat ausgestellt, um die Reinigung und den entsprechenden Zeitraum verlässlich zu dokumentieren.
„Ganz am Anfang haben nur mein Bruder und ich an dem Projekt gearbeitet“, erinnert sich Kathöfer. Beide Brüder haben nach der Schule zunächst eine Ausbildung beim Gütersloher Hausgerätehersteller Miele absolviert; Patrick im elektronischen und Felix im metalltechnischen Bereich. Eine Erfahrung, die beide sehr geprägt hat – „gerade was die Mentalität und die Firmenkultur angeht“, sagt Felix Kathöfer.
„Gegründet habe ich direkt am Anfang beziehungsweise auf dem Weg ins Studium. Höchst motiviert und mit Arbeitserfahrung nach der Ausbildung war ich bereit, meine Visionen umzusetzen. Dann kam die Idee rund um Katma und plötzlich stand die Frage im Raum: Starte ich das jetzt oder danach?“, erinnert sich der heute 29-Jährige. „Die Antwort war für mich klar: Ich probiere es jetzt aus und wenn es nicht klappt, dann mache ich halt mit dem weiter, was ich eigentlich geplant hatte. Der Zeitpunkt schien mir perfekt, da ich kaum Verpflichtungen hatte.“
Finanziell haben sich die Brüder anfangs nur mit selbst erspartem Geld durchgeschlagen. Später kamen Start-up-Förderungen und Investoren hinzu. Mittler- weile ist das Team rund um das Geschwisterduo auf elf Personen gewachsen.
Auch die Logistikbranche haben die Gründer lieben gelernt: „Hier bekommt man direkt und ohne Geschwafel Feedback, das finde ich genial. Eine ernste und schnelle Branche, in der man sich mit einem durchdachten und prozesssicheren Produkt Sicherheit und Anerkennung erarbeiten kann“, sagt Felix Kathöfer. Sein Tipp an Gründungsinteressierte: „Einfach machen. Hört Euren Kunden zu und stellt euch den Problemen. Dann werden Ihr und Euer Produkt wachsen.“

Nische erkannt dank Praxiskenntnissen
Den Traum von der Selbstständigkeit hatte Fenja Bierwirth schon als Jugendliche.
Dass es einmal in der Logistikbranche sein würde, hätte sie zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht gedacht. Ihr erstes eigenes Geld verdiente sie mit Reitstunden für Kinder, nach ihrem Fachabitur im Bereich Kunst, Medien und Gestaltung spielte sie unter anderem mit dem Gedanken, Kinderarzthelferin zu werden.
„Ich wollte gerne etwas Soziales machen, wurde aber nirgendwo genommen, weil ich immer als überqualifiziert eingestuft worden bin“, erzählt Bierwirth. Die lang ersehnte Zusage kam schließlich aus einem ganz anderen Bereich: eine Ausbildung zur Bürokauffrau bei Megalift, einem auf Krane und Schwertransporte spezialisierten Unternehmen aus Bremen.
„Das war für mich der Einstieg in eine eher technische, von Männern dominierte Branche – und gleichzeitig ein entscheidender Wendepunkt“, erinnert sich Bierwirth. Sie habe dort nicht nur gelernt, wie wichtig Struktur und Organisation sind, sondern auch erkannt, wie viel Potenzial in dieser Welt steckt – besonders, wenn man sie mit einem frischen Blick betrachtet. „Dieser Mix aus Kreativität und Struktur prägt bis heute meine Art zu führen und zu arbeiten.“
Den Schritt in die Unternehmensgründung wagte die heute 33-Jährige, die sich selbst als „Macherin mit Herz“ bezeichnet, dann im März 2024.
Mit ihrem Start-up Feemax kümmert sie sich seitdem um die Genehmigung und Abwicklung von Großraum- und Schwertransporten. „Ich bin damals ganz allein gestartet – mit einer klaren Vision und dem festen Willen, etwas in der Logistikbranche zu verändern“, sagt Bierwirth. Unterstützung bekam sie dabei nicht nur von ihrem Partner, der sich ebenfalls selbstständig gemacht hat, sondern auch vom Starthaus Bremen und Bremerhaven, einer zentralen Anlaufstelle für Gründungsinteressierte und Jungunternehmen. Auch finanzielle Starthilfe bekam sie dort.
„Die Finanzierung unserer Begleitfahrzeuge habe ich im weiteren Verlauf gemeinsam mit der Sparkasse und der Aufbaubank realisiert“, so Fenja Bierwirth. Mittlerweile ist ihr Team auf sechs Mitarbeitende gewachsen, zwei weitere sollen zeitnah folgen, damit Feemax künftig sowohl national als auch international gut aufgestellt ist. „Die Logistikbranche war lange ein Männerclub-starr, wenig digitalisiert und kaum innovationsfreudig. Genau das hat mich gereizt“, sagt die junge Gründerin heute. Ihr wichtigster Tipp für Gründungsinteressierte: „Such Dir ein gutes Netzwerk, bleib´ bei Dir und lass´ Dich nicht von alten Strukturen entmutigen. Und vor allem: Sei bereit, Verantwortung zu übernehmen!“

Start-up-Förderung
(Potenzielle) Gründer von Logistik-Start-ups finden zum Beispiel hier Unterstützung:
• www.frankfurt-holm.de — House of Logistics and Mobility (HOLM) Frankfurt am Main
• www.digitalhublogistics.de — Digital Hub Logistics Dortmund
• www.digitalhub.hamburg — Digital Hub Logistics & Commerce Hamburg
• www.iph-hannover.de — Institut für integrierte Produktion Hannover (technikbasiert)
• www.dbmindbox.com — Start-up-Hub der Deutschen Bahn
Amelie Bauer ist Redakteurin der DVZ mit Sitz in Hamburg.
Felix Kathöfer und sein Bruder Patrick haben Katma Clean Control gegründet. IhreGeräte übernehmen die Innenreinigung von Lkw – vollautomatisiert und schneller, als Menschen dies können.