Wie von Geis­ter­hand

Fah­rer­lo­se Ver- und Ent­sor­gung in Spi­tä­lern spart Per­so­nal und Wege. In Öster­reich arbei­ten meh­re­re Kran­ken­häu­ser mit dem Sys­tem.

Von Ste­fan May

Die Koor­di­nie­rung von Wegen kann in man­chen Gebäu­den, in denen vie­le Per­so­nen unter­wegs sind und vie­le Waren bewegt wer­den, zum kniff­li­gen Pro­blem wer­den. Ver- und Ent­sor­gung stel­len etwa Kran­ken­häu­ser vor gro­ße logis­ti­sche Her­aus­for­de­run­gen. Je grö­ßer die Häu­ser, umso kom­pli­zier­ter wird es. Zuneh­mend lau­fen Pro­zes­se hin­ter den Kulis­sen ab. In grö­ße­ren Spi­tä­lern lösen fah­rer­lo­se Trans­port­sys­te­me (FTS) zuneh­mend Elek­tro­schlep­per mit Fah­rer ab.

In Wien sind der­zeit zwei der städ­ti­schen Kran­ken­häu­er damit aus­ge­stat­tet. In Öster­reich ver­fü­gen auch Kran­ken­häu­ser in Kla­gen­furt und Feld­kirch über ähn­li­che Sys­te­me.

Die der­zeit moderns­te Anla­ge wur­de nach dem neu­es­ten Stand der Kran­ken­haus­pla­nung in der Kli­nik Flo­rids­dorf ein­ge­rich­tet. Sie war bereits Teil des Mas­ter­plans Logis­tik und schon 2009 in der Vor­ent­wurfs­pla­nung der neu zu errich­ten­den Kli­nik ent­hal­ten. Somit muss­ten kei­ne nach­träg­li­chen Umbau­ten vor­ge­nom­men wer­den.

Cre­dit: Fotos: KAV / Esther Genit­heim; Wr. Gesundheitsverbund/Plundrak

Kern­stück des Sys­tems sind fah­rer­lo­se Trans­port­ro­bo­ter. Sie ver­sor­gen die Pfle­ge­sta­tio­nen drei­mal täg­lich mit Spei­sen und ein­mal täg­lich mit Medi­ka­men­ten und ver­schie­de­nem Mate­ri­al sowie mit Wäsche. Dar­über hin­aus wer­den über das Sys­tem Abfäl­le ent­sorgt. Die Ver­kehrs­we­ge sind von den Kor­ri­do­ren getrennt, auf denen Men­schen unter­wegs sind.

Rund 40 Robo­ter-Wagen legen dabei etwa 500 mit­tels W‑LAN gesteu­er­te Fahr­ten pro Tag zurück. Um in die obe­ren Geschos­se zu gelan­gen, benutzt das Trans­port­sys­tem auto­ma­tisch ange­steu­er­te Lift­an­la­gen. Mit­ar­bei­ter sind nur am Anfang und am Ende des Trans­port­we­ges ein­ge­bun­den. Bis zu fünf Per­so­nen sind mit War­tung und Bedie­nung beschäf­tigt. Die Betriebs­zeit beträgt täg­lich 16 Stun­den in einer Sie­ben-Tage-Woche.

Die selbst­fah­ren­den Trans­port­wa­gen bestehen aus 25 Zen­ti­me­ter hohen Unter­fahrt­trans­por­tern und geschlos­se­nen Roll­con­tai­nern aus Edel­stahl, die hucke­pack auf­ge­nom­men wer­den. Die Wagen ähneln silb­ri­gen Roll­kof­fern, die auf dem Kof­fer­band eines Flug­ha­fens lie­gen. An jeder „Sta­ti­on“, wie der Küche, der Apo­the­ke oder dem Lager, von wo ein Trans­port star­tet, sind Ter­mi­nals vor­ge­se­hen, an denen die Ziel­adres­se des jewei­li­gen Roll­con­tai­ners ein­ge­ge­ben wird. Per RFID wird dann im Leit­sys­tem der Roll­con­tai­ner mit sei­nem Lie­fer­ziel ver­knüpft, und das Fahr­zeug kann die­sen selbst­stän­dig dort­hin brin­gen.

Ein Spei­sen­be­häl­ter zum Bei­spiel rollt zunächst auf Schie­nen in eine gro­ße Hal­le, gleich­sam einen „Bahn­hof“. Dort nimmt ihn der nächs­te freie Unter­fahr­trans­por­ter auf, der elek­tro­nisch Typ und Ziel des Con­tai­ners erkennt. Er setzt sich unter­ir­disch zum nächs­ten Auf­zug in Bewe­gung, den der Trans­por­ter selbst ruft. Am Ziel setzt der Trans­port­ro­bo­ter den Roll­con­tai­ner auto­ma­tisch auf einer Emp­fangs­sta­ti­on ab und fährt zu sei­nem nächs­ten Ein­satz.

An der Emp­fangs­sta­ti­on war­tet ein Mit­ar­bei­ter, der digi­tal von der Ankunft infor­miert wur­de. Er zieht den Con­tai­ner von dort weg und leert den Behäl­ter. Soll­te er ein­mal nicht pünkt­lich zur Stel­le sein, wirft das den Fahr­plan nicht durch­ein­an­der. Auf den Sta­tio­nen reser­vier­te Plät­ze ermög­li­chen es dem Trans­por­ter, den Con­tai­ner selbst­stän­dig abzu­set­zen. In Wien kön­nen gro­ße Men­gen bewegt wer­den: Das Trans­port­fahr­zeug ist für 500 Kilo­gramm Bela­dung aus­ge­legt.

Die Trans­port­con­tai­ner wer­den nach jeder Fahrt in einer voll­au­to­ma­tisch arbei­ten­den Wasch­an­la­ge gerei­nigt und che­misch sowie ther­misch dekon­ta­mi­niert. Sie sind den jewei­li­gen Waren­grup­pen zuge­ord­net, also Spei­sen-Roll­con­tai­ner wer­den nur für Spei­sen ver­wen­det, Abfall-Roll­con­tai­ner nur für Abfall. Ange­trie­ben wer­den die auto­no­men Fahr­zeu­ge elek­trisch, zur Ori­en­tie­rung sind klei­ne Magne­te und nicht mehr, wie frü­her, Induk­ti­ons­schlei­fen im Boden ein­ge­las­sen.

Von einem zen­tra­len tech­ni­schen Leit­stand aus wird das fah­rer­lo­se Trans­port­sys­tem über­wacht. Hier lau­fen auch die digi­ta­len Infor­ma­tio­nen der Haus­tech­nik, der Sicher­heits­ein­rich­tun­gen und vie­ler ande­rer Berei­che zusam­men. Auf­fahr­un­fäl­le wer­den durch Laser­scan­ner an den Gerä­ten ver­mie­den. Über­haupt zeigt man sich in Wien-Flo­rids­dorf sehr zufrie­den mit den fah­rer­lo­sen Trans­por­teu­ren. Es habe bis­her kei­ne nen­nens­wer­ten Zwi­schen­fäl­le gege­ben. Betriebs- und Aus­falls­si­cher­heit wer­den, nach nun mehr­jäh­ri­ger Erfah­rung, „sehr posi­tiv“ bewer­tet. (fh)

Cre­dit: Fotos: KAV / Esther Genit­heim; Wr. Gesundheitsverbund/Plundrak