Für die nächs­te Gene­ra­ti­on

Das jun­ge Unter­neh­men Clean Logi­stics will bis 2027 meh­re­re Tau­send Was­ser­stoff-Lkw im schwe­ren Seg­ment aus­lie­fern.

Von Nico­le de Jong

Das Ham­bur­ger Start-up Clean Logi­stics hat einen Mil­li­ar­den-Auf­trag an Land gezo­gen. Das Unter­neh­men will bis in fünf Jah­ren 5.000 Was­ser­stoff-Lkw im schwe­ren Seg­ment aus­lie­fern. Klingt sport­lich. „Ist es auch“, sagt Geschäfts­füh­rer Dirk Graszt. Aber mög­lich: Zwei der Pro­to­ty­pen des Was­ser­stoff Zero Emis­si­on Trucks „fyuri­ants“ hat das Unter­neh­men bereits im Juni prä­sen­tiert. Bis zum Ende die­ses Jah­res wer­den wei­te­re Pro­to­ty­pen fer­tig sein. „Weil wir prag­ma­tisch und in über­schau­ba­rer Grö­ße unter­wegs sind, geht das deut­lich schnel­ler als bei den her­kömm­li­chen Lkw-Pro­du­zen­ten.“ Im drit­ten Quar­tal 2023 will Clean Logi­stics die ers­ten Vor­se­ri­en­fahr­zeu­ge aus­lie­fern.

Part­ner des noch jun­gen Unter­neh­mens ist GP Joule aus Schles­wig-Hol­stein, das die 5.000 Was­ser­stoff-Lkw kauft und im Lea­sing oder Pay-by-use-Ver­fah­ren Flot­ten­be­trei­bern aus Logis­tik, Han­del und Indus­trie zur Ver­fü­gung stellt. „Wir ken­nen uns schon meh­re­re Jah­re und haben schon län­ger vor, das The­ma Was­ser­stoff vor­an­zu­brin­gen“, erzählt Graszt. Er wis­se als Spe­di­teur, was der Markt brau­che, GP Joule sei der Exper­te in Sachen Ener­gie und Infra­struk­tur. So ergän­ze man sich per­fekt und kön­ne poten­zi­el­len Kun­den eine Kom­plett­lö­sung bie­ten, also nicht nur den Lkw, son­dern eben auch die Mög­lich­keit, in der Nähe zu tan­ken oder, falls gewünscht, am jewei­li­gen Fir­men­stand­ort eine Betrieb­s­t­ank­stel­le auf­zu­bau­en.

Neue Inno­va­tio­nen :// Cre­dits: iStock

Pro­du­zie­ren will Clean Logi­stics die Lkw im nie­der­säch­si­schen Win­sen (Luhe), das zur Metro­pol­re­gi­on Ham­burg gehört. Der­zeit ent­steht eine neue Hal­le mit 10.000 Qua­drat­me­ter Flä­che, wo spä­ter zunächst rund 300 und, wenn sich alles ein­ge­spielt hat, bis zu 700 Fahr­zeu­ge pro Jahr gebaut wer­den. „Bei dem, was wir vor­ha­ben, reicht die Grö­ße den­noch nicht aus“, ist sich der Geschäfts­füh­rer sicher, daher ste­he man in Ver­hand­lung für wei­te­re Pro­duk­ti­ons­flä­chen im direk­ten Umfeld des bis­he­ri­gen Stand­orts. Einen Teil – 200 Fahr­zeu­ge pro Jahr – pro­du­ziert der nie­der­län­di­sche Lkw-Her­stel­ler Gin­af Trucks, den Clean Logi­stics im Som­mer über­nom­men hat.

„Wir müs­sen natür­lich auch jetzt schon Mit­ar­bei­ter für unse­re Lkw-Pro­duk­ti­on fin­den“, sagt Graszt. Inner­halb der kom­men­den drei Jah­re will Clean Logi­stics min­des­tens 500 wei­te­re Arbeits­plät­ze auf­bau­en. Die wür­den auch benö­tigt, weil das Unter­neh­men nicht nur Lkw, son­dern auch Bus­se bau­en will. Geplant sei auch, die Fer­ti­gungs­tie­fe zu erhö­hen und einen Teil der Kom­po­nen­ten selbst her­zu­stel­len. Der Ein­zugs­be­reich für den Stand­ort in Win­sen (Luhe) süd­lich von Ham­burg sei sehr gut, zumal auch die Regio­nen Lüne­burg und Uel­zen in der Nähe lie­gen, von wo aus Mit­ar­bei­ter pen­deln könn­ten. „Mit dem Zukunfts­the­ma Was­ser­stoff-Lkw sind wir natür­lich auch ein inter­es­san­ter Arbeit­ge­ber“, ist er über­zeugt.

Clean Logi­stics will die Lkw mit Tanks aus­stat­ten, die maxi­mal 45 kg Was­ser­stoff auf­neh­men kön­nen, und arbei­tet mit der gän­gi­gen 350-bar-Was­ser­stoff­be­tan­kung. Das reicht für etwa 500 Kilo­me­ter Fahr­stre­cke aus und damit für eine Schicht­zeit des Lkw-Fah­rers. Mit Reku­per­a­ti­on und je nach Last ver­län­gert sich die Reich­wei­te. Das Unter­neh­men wird schwe­re Sat­tel­zug­ma­schi­nen ohne Antriebs­strang ver­wen­den und die­se mit Brennstoffzellen‑, Bat­te­rie- und Was­ser­stoff­tank­sys­te­men sowie der eigens ent­wi­ckel­ten Ach­se mit Rad­na­ben­elek­tro­mo­to­ren aus­rüs­ten.

Red rockets :// Cre­dits: iStock

Idea­ler­wei­se las­se sich sol­cher Was­ser­stoff-Lkw bei Rund­läu­fen etwa in der Kon­trakt­lo­gis­tik ein­set­zen. „Bei täg­lich wie­der­keh­ren­den Tou­ren lässt sich der bes­te Stand­ort für die Was­ser­stoff­tank­stel­le leicht fin­den“, erläu­tert Graszt. Mög­lich ist es, einen Trai­ler auf dem Betriebs­hof auf­zu­stel­len oder – falls sich meh­re­re fin­den, die mit Was­ser­stoff-Fahr­zeu­gen unter­wegs sind – eine öffent­lich zugäng­li­che Tank­stel­le zu instal­lie­ren, die etwa 1,5 Ton­nen Was­ser­stoff bevor­ra­tet.

GP Joule unter­stützt Betrei­ber und Ent­wick­ler von Wind- und Solar­parks sowie Flä­chen­eig­ner dabei, mit Strom aus erneu­er­ba­ren Ener­gien Was­ser­stoff zu pro­du­zie­ren. Dabei über­nimmt das Unter­neh­men Ent­wick­lung, Bau, Betrieb und Ser­vice der Pro­duk­ti­ons­stand­or­te – und sorgt für den lang­fris­ti­gen Absatz des grü­nen Was­ser­stoffs. Clean Logi­stics und GP Joule wol­len mit ihrer Zusam­men­ar­beit den Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien noch schnel­ler vor­an­trei­ben.

Der Anreiz, auf Was­ser­stoff-Lkw umzu­stei­gen, sei laut Graszt auch mone­tär gege­ben. Denn der Bund habe das För­der­pro­gramm für Kli­ma­scho­nen­de Nutz­fahr­zeu­ge und Infra­struk­tur (KsNI) auf­ge­legt und über­nimmt der­zeit 80 Pro­zent der Dif­fe­renz für die Beschaf­fungs­kos­ten von Die­sel- zu Was­ser­stoff-Lkw. Den Mehr­preis von rund 400.000 Euro bezu­schusst das Bun­des­amt für Güter­ver­kehr (BAG) also mit 320.000 Euro. Clean Logi­stics set­ze sich der­zeit beim Bund dafür ein, dass die För­de­rung schnel­ler und unkom­pli­zier­ter aus­ge­zahlt wer­de.

Laut Graszt loh­ne es sich aber alle­mal, in den noch sehr viel teu­re­ren Lkw zu inves­tie­ren, da sich des­sen Lauf­zeit um zehn Jah­re erhöht. Wesent­lich dabei sei auch, dass die neue Antriebs­art kaum Ver­schleiß auf­wei­se und die Lkw maut­frei fah­ren dür­fen. „Unser Ziel ist es natür­lich auch, mit der gro­ßen Zahl an Was­ser­stoff-Lkw, die wir jetzt anfan­gen zu bau­en, schnell den Break-even zum Die­sel-Fahr­zeug zu errei­chen und inner­halb der nächs­ten drei Jah­re ohne Sub­ven­ti­on aus­zu­kom­men“, sagt der Geschäfts­füh­rer.

Sein ursprüng­li­ches Geschäfts­mo­dell, der Umbau von Die­sel-Lkw auf Was­ser­stoff­fahr­zeu­ge, will Clean Logi­stics aber nicht auf­ge­ben. „Ein Fahr­zeug aus dem Bestands­markt umzu­rüs­ten, ist natür­lich deut­lich umwelt­scho­nen­der als ein neu­es zu bau­en“, betont Graszt. Schon als er noch als Spe­di­teur tätig war, wur­de es zuneh­mend wich­tig, nach­hal­tig zu agie­ren. „Je mehr ich mich damit beschäf­tigt habe, des­to grö­ßer wur­de mein Wunsch, einen wirk­lich grü­nen Fuß­ab­druck zu hin­ter­las­sen“, schil­dert er. Stolz mache ihn, dass sich plötz­lich auch sei­ne bei­den Töch­ter für die Arbeit des Vaters inter­es­sier­ten. Das zei­ge ihm, dass er und sein Part­ner Dirk Leh­mann auch für die nächs­te Gene­ra­ti­on einen nach­hal­ti­gen Wert schaf­fen.