Eigen­stän­dig­keit Kon­tra Stress

Wie jeder Beruf hat auch der des Lkw-Fah­rers Vor- und Nach­tei­le

 Von Wer­ner Bal­sen

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Er mag gro­ße und schwe­re Maschi­nen und ist „froh, sie schon in mei­nem Alter bewe­gen zu dür­fen. Außer­dem habe ich es ger­ne, wenn ich auf mich allein gestellt bin und mein Pro­blem erst­mal allein lösen muss.“ So posi­tiv spricht der 21-jäh­ri­ge Mar­vin Recla über sei­ne Arbeit als Berufs­kraft­fah­rer. Er ist Aus­zu­bil­den­der bei der Spe­di­ti­on Gebrü­der Schrö­der im Wes­ter­wäl­der Ebern­hahn. So wie Yaci­ne Ouk­ped­jo und Chen Schmitz. Auch die 22-jäh­ri­ge Chen nennt als ers­ten Grund für ihre Berufs­wahl das „eigen­stän­di­ge Arbei­ten“ und „all­ge­mein das Ver­lan­gen, beruf­lich zu fah­ren“.
Den Reiz der gro­ßen Fahr­zeu­ge und die eige­ne Ver­ant­wor­tung – das lie­ben alle drei an ihrer Tätig­keit. Unter­wegs zu sein geben sie eben­falls als wich­ti­gen Vor­teil an: „Immer an ver­schie­de­nen Orten zu sein“ (Yaci­ne), „das Land zu berei­sen, vie­le Ecken zu sehen“ (Chen) sowie „in Deutsch­land rum­fah­ren zu kön­nen und dafür auch noch Geld zu bekom­men“ (Mar­vin).
Den­noch sind die drei Schrö­der-Azu­bis kei­ne Träu­mer. Sie wis­sen, dass ihr Beruf auch Nach­tei­le mit sich brin­gen kann. Chen etwa wünscht sich oft „einen Job mit fes­ten Arbeits­zei­ten“. Denn „ich kann mei­nen Fei­er­abend sel­ten ein­schät­zen und habe auch dann nicht viel Zeit für mich selbst.“ Mar­vin weiß bereits, dass „man­che Tage eher stres­sig sind“. Aber „im Gro­ßen und Gan­zen“ hat er eben­so wie der 34-jäh­ri­ge Yaci­ne aus Togo kei­ne Zwei­fel, den rich­ti­gen Beruf gewählt zu haben – und steigt „jeden Mor­gen ger­ne in den Lkw“.

VOM FAHRER ZUM FUHRPARKLEITER

Chen und Yaci­ne wei­sen auf einen wei­te­ren Punkt hin, der sie die Aus­bil­dung begin­nen ließ: Die Mög­lich­kei­ten, sich wei­ter­zu­bil­den. Obwohl sie schon früh den Wunsch hat­ten „beruf­lich zu fah­ren“, schät­zen sie die Chan­cen, irgend­wann nicht mehr am Steu­er sit­zen zu müs­sen und in der Fir­ma auf­stei­gen zu kön­nen.
So wie der 36-jäh­ri­ge Timo Sell, der sich selbst als „Schrö­der-Gewächs“ bezeich­net. Schon als Schü­ler war er in den Feri­en fast immer „beim Schrö­der“, hier hat er sein Prak­ti­kum gemacht – und 2007 sei­ne Leh­re begon­nen. Schon sein Vater fuhr für Schrö­der, sei­ne Schwes­ter arbei­te­te im Büro.
 Er selbst „woll­te schon immer Lkw fah­ren“. Und hat es zwölf Jah­re lang gern getan. Mitt­ler­wei­le ist er Aus­bil­der und Fuhr­park­lei­ter im Unter­neh­men. Bei den Berufs­nach­tei­len ergänzt er: Man „ist nicht jeden Abend zuhau­se, die Park­platz­su­che kann ner­ven“, das Ein­kom­men sei zu nied­rig im Ver­gleich zur Arbeits­leis­tung und der feh­len­de Respekt vie­ler Lage­ris­ten an den Ver­la­de­ram­pen sei schlimm. Doch für ihn stan­den immer die Vor­tei­le im Vor­der­grund, die auch die Azu­bis schon erkannt haben: „Man hat gewis­se Frei­hei­ten, man sieht viel und – jeden­falls bei Schrö­der – Wei­ter­bil­dung ist mög­lich“.

EIGENES FAHRZEUG AUSSUCHEN

Über sei­ne Zeit als Fah­rer sagt er: „Ich wur­de ver­wöhnt.“ Vor allem, als er ein fabrik­neu­es Fahr­zeug bekam, bei dem „kei­ne Wün­sche offen­blie­ben“. Sogar eine bes­se­re Fede­rung des zwei­ten Sit­zes in der Kabi­ne konn­te er durch­set­zen. Dar­auf hat­te sei­ne Frau bestan­den, die ihn gele­gent­lich auf sei­nen Tou­ren beglei­te­te, bis der Sohn vor eini­ger Zeit gebo­ren wur­de. Auf die Fra­ge, ob sein Sohn spä­ter auch Fern­fah­rer bei Schrö­der wird, zögert Timo Sell kei­ne Sekun­de: „War­um nicht?“
 Aus­zu­bil­den­de bei Schrö­der ler­nen nach einem fes­ten Plan. „Jeder und Jede weiß von Anfang an exakt, an wel­chem Platz er oder sie sich in der sechs­ten Kalen­der­wo­che in zwei Jah­ren befin­det“, erläu­tert Joa­chim Alt­mann, der Geschäfts­füh­rer der Spe­di­ti­on. Er erklärt, er ver­su­che, den mög­li­chen neu­en Aus­zu­bil­den­den und „fah­ren­den Mit­ar­bei­tern“ vom ers­ten Moment an Wert­schät­zung ent­ge­gen­zu­brin­gen. Per­sön­lich führt er sie über das Fir­men­ge­län­de und zeigt ihnen die moder­ne Fahr­zeug­flot­te aus „rein­ras­si­gen Mer­ce­des-Lkw“, das Sozi­al­haus mit Duschen, Auf­ent­halts­räu­men, „Mucki-Bude“ und Schlaf­räu­men für Fah­rer, die auf dem Werk­hof über­nach­ten müs­sen. Gegen­über steht die moder­ne Werk­statt, in der auch klei­ne­re Spe­zi­al­wün­sche der Fah­rer für die Aus­stat­tung der Fah­rer­ka­bi­ne gefer­tigt wer­den. Denn „bei uns hat jeder Fah­rer sein fes­tes Fahr­zeug sowie sei­nen fes­ten Auf­lie­ger.“ Und den sucht nicht irgend­ei­ne Büro­kraft aus. Da redet der Fah­rer mit, was Grö­ße, Aus­stat­tungs­merk­ma­le und gele­gent­lich sogar die Motor­leis­tung betrifft. Zudem lau­tet das Cre­do: „Ein­mal pro Woche sind unse­re Fah­rer zu Hau­se.“ ■

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Wie wird man eigent­lich?

 Berufs­kraft­fah­rer (m/w/d)

Berufskraftfahrer/in ist ein drei­jäh­ri­ger aner­kann­ter dua­ler Aus­bil­dungs­be­ruf im Güter­ver­kehr und in der Per­so­nen­be­för­de­rung. Berufs­kraft­fah­re­rin­nen und ‑fah­rer im Güter­ver­kehr trans­por­tie­ren Güter unter­schied­lichs­ter Art haupt­säch­lich mit dem Lkw. Sie ver­brin­gen viel Zeit hin­ter dem Steu­er und ken­nen die Stra­ßen­ver­kehrs­re­geln im In- und Aus­land.
Vor Fahrt­an­tritt füh­ren sie eine Über­nah­me- und Abfahrts­kon­trol­le am Fahr­zeug durch. Dabei über­prü­fen sie etwa die Rei­fen, den Motor und die Funk­ti­ons­fä­hig­keit der Brems­an­la­gen.
Nach­dem sie das Trans­port­gut ange­nom­men haben, sor­gen sie dafür, dass das Gewicht der Ladung gleich­mä­ßig ver­teilt ist, sichern die Güter auf dem Lkw, kon­trol­lie­ren die mit­zu­füh­ren­den Papie­re und die je nach Fracht even­tu­ell erfor­der­li­che Beschil­de­rung des Fahr­zeugs.
Die fort­schrei­ten­de Digi­ta­li­sie­rung wirkt sich auch auf die Auf­ga­ben und Anfor­de­rungs­pro­fi­le für Lkw-Fah­rer aus und erleich­tert vie­le Auf­ga­ben. Mehr Infor­ma­tio­nen unter web.arbeitsagentur.de/berufenet